Nun habe ich es auch geschafft in Thailand endlich einen Motorradunfall zu haben.
Es gibt wirklich schönere Erlebnisse aber vielleicht nicht so einzigartige. Da Thailand keine Idee von einem Rechtsstaat hat wird die Schuldfrage nach belieben geklärt.
Ein unheimliches Erlebnis war das erste Krankenhaus in das man mich gebracht hat. Der Bewusstlosigkeit nahe wollte ich etwas Wasser haben und die wollten mir einfach keines geben – ein geiles Gefühl jagte das andere – dehydriert und am taumeln wollen medizinisch ausgebildete Leute dir kein Wasser geben.
Na ja! Nach ein bisschen Erstversorgung hat man mir mitgeteilt, dass ich in ein anderes Krankenhaus komme weil die hier meinen gebrochenen Kiefer nicht flicken können. Also schob man mich auf dem Transportbett etwas zur Seite. Und dann kam etwas völlig unerwartetes:
Während ich mit meinem zerschundenen Körper und eingeschlagenen Gesicht auf den Weitertransport warte kommen 6 Krankenschwestern und belabern mich wer denn die Schönste von ihnen sei. Und das im Ernstfall! Die machten mir eine Schönheitsköniginnen Schau während ich mich fragte wie viele Zähne mir wohl fehlen und wie oft mein Kiefer wohl gebrochen ist und ob meine Sprunggelenke nur geprellt oder gebrochen sind. Eine unglaubliche Begegnung mit einer anderen Kultur.
Was mir dennoch Hoffnung gab war, dass das Krankenhaus Personal wenigstens Englisch konnte.
Endlich ging es dann weiter ins qualifiziertere Krankenhaus während die Mädels noch immer wissen wollten wer denn nun die Schönste sei. Aber mit meinem zertrümmerten Kiefer konnte ich halt nicht richtig kommentieren. Fakt war wie soll’s auch anders sein: Die dickste hielt sich für die Schönste… .
Vergnügung beim Röntgen
Im anderen Krankenhaus wartete schon das Röntgenvergnügen auf mich. Es gibt wohl kaum etwas Schöneres als sich mit einem komplett aufgeschürften und mit Prellungen übersäten Körper auf den Röntgentisch zu legen. Mein Kehlkopf war so angeschwollen, dass ich den Kopf nach vorne winkeln musste um atmen zu können. Ich glaube ich habe mich selten so wohlgefühlt!
Und immer war ich noch am rätseln wie viele Zähne wohl hinüber seien, da mein Unterkiefer bei jeder Bewegung hin und her schepperte und ich außer coolen Schmerzen nicht viel im Mund spüren konnte.
Dann schob man mich in ein Zimmer und ich glaubte auf ein Déjà-vu zuzusteuern als ich 5 Krankenschwestern in einer nicht mehr unbekannten Formation auf mich zukommen sah. Fünf Sekunden später wusste ich, dass aus dem Glauben Wirklichkeit geworden war. Gottseidank kam dann ein Arzt dazwischen, um mir mitzuteilen, dass eventuell mein Kiefer gebrochen sei (Ich fühlte mich wie in einer Comedy Show) und wir zu Sicherheit eine CT machen sollten. Tolle Idee wenn jemand im Liegen nicht atmen kann.
Zuerst war noch die Rede von einer Operation gleich aber das hat sich dann erledigt. Und ich konnte mich dann dem Schlafvergnügen hingeben. Ein ungeheures Vergnügen mit gebrochenem Kiefer kann ich nur sagen. Eigentlich war ich bis 5 Uhr wach. Na ja. Gottseidank weckte mich aber ein Arzt wieder auf um mir ein Endoskop in die Nase zu schieben. Was für eine Gaudi wenn man in seine geprellte Nase einen Schlauch geschoben bekommt und er dann am megageschwollenen Kehlkopf ansteht. Fuck. Als mir mein Freund textete, dass er in kürze bei mir sein wird liefen mir vor Freude Tränen übers Gesicht.
Gottseidank kamen Freunde von mir, die sich mit mir und dem Personal verständigen konnten.
Und so wurde mir mitgeteilt, dass ich, um mein Kiefer zu operieren zu können, einem Luftröhrenschnitt machen müsste. Also stimmte ich einer Tracheotomie, einem Luftröhrenschnitt, für den nächsten Tag zu.
Was für eine Entscheidung.
Ich hätte auch gleich einen Guantanamo Urlaub mit Waterboarding-Session buchen können.
Zu meinem missverständlichen Vorteil wusste ich das vorher nicht. Ich kann nicht glauben, dass in Europa so gearbeitet wird. Oder es kriegt jeder gleich mal 100 Stunden gratis Psychotherapie zur Trauma Bewältigung dazu.
Als sich jeweils zwei Leute auf meine Arme und Beine setzten bekam ich schon so ein bisschen ein komisches Gefühl – ehrlich gesagt. Und dann ging es los! Jetzt get’s loos. Junge du bist unter 10 Menschen begraben die in einer Sprache sprechen die du nicht verstehst und du weißt, es wird jetzt an dir rumgeschnitten, aber du weißt nicht, was dabei rauskommt. Das geilste ist aber, dass dein Hals aufgeschnitten wird und du deine Entscheidung zurücknehmen willst, weil du Todespanik hast aber kannst ja nicht mehr sprechen, weil die Luftröhre unter deinem Kehlkopf aufgeschnitten ist und gar kein Laut mehr rauskommt. Geil diese Erinnerung. Ich habe noch immer das Gesicht von den Typen vor Augen der auf meiner linken Schulter saß – ich will ihn noch immer umbringen dafür! Aber neben allem ist eines doch komisch: Plötzlich stank es nach Schwefel. Ich hatte die volle Panik zu ersticken. Die 10 Leute die mich festgehalten haben ließen mir keinen Bewegungsraum. Ich atmete durch ein Loch im Hals und sah nichts weil meine Augen verbunden waren. Ich dachte wirklich: Das ist jetzt mein Ende – es fühlte sich elend an. Aber ich starb nicht weil ich ja durch das Loch Luft bekam, obwohl ich das Gefühl hatte, nicht atmen zu können. Das war echt ein psychisches Traumata. Nach einiger Zeit scheint mein Hirn dann begriffen zu haben, dass ich doch nicht im Sterben bin und ich hörte auf gegen das Festhalten anzukämpfen. Danach bemerkte ich erst, dass ich im Koma gewesen war weil mein Kiefer zusammengeklammert war. Die Erinnerung fehlt komplett. Für mich war da nur der Schnitt in den Hals der Todeskampf und aus – keine Erinnerung an eine Narkose.
Die Atmung durch das Rohr im Hals war so unangenehm, dass ich dachte, das halte ich keine 5 Minuten mehr durch. Zum Glück beruhigte mich der Arzt aber indem er mir mitteilte, dass das Rohr mindestens die nächsten 4 Tage drin bleibt. Das war das nächste Hochgefühl.
Zum Glück ließ der nächste Höhepunkt nicht lange auf sich warten:
Ich denke das ist das Gefühl beim Waterboarding. Irgendwie kam mir Wasser in die Luftröhre – Alter ein Traumgefühl wenn die Panik noch gar nicht erst abgeklungen ist und schon wieder hochkommt. Durch den Schlauch im Hals kann ich das Wasser aber nicht aushusten weil die Öffnung viel zu groß ist.
Und in all dieser Zeit sagt dir keiner was eigentlich Sache ist, wie zB.: dass das alles normal ist, man keine Angst bräuchte, alles in Ordnung kommt, beruhigen… das ist eigentlich das Schlimmste, dass du nicht weißt, ist der Doktor jetzt Freund oder Feind? Die Sekunden bis mir das Wasser abgesaugt wurde kamen mir wie Stunden vor. Und so ähnlich ging es dann die ganze Nacht weiter.
Aber eines muss ich sagen: Die Krankenschwestern und der schwule Krankenpfleger waren wirklich nett und bemüht darum, dass es mir gut ging – was unter diesen Umständen und Verletzungen des Motorrad Unfalles leider nicht möglich war.
Überrascht war ich auch dass die Ernährung (also eigentlich die Nichternährung) kein Problem darstellte. Ich bekam Salzlösungsinfusionen denn Schlucken konnte ich ja die ersten Tage nicht, und das hat tatsächlich gereicht. Obwohl ich mich schon fragte ob das denn 7 Wochen lang so bleiben wird. Aber nach 3 Tagen konnte ich halbwegs wieder Schlucken und zumindest Wasser und flüssiges trinken. Obwohl ich in einer Woche nur 1 Liter Milch und ca. 1 Liter extremst verdünnte Reisschleimsuppe bekam war ich erstaunt keinen Hunger zu haben.
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