Mein Lebensverlauf
Als Kind träumte ich immer davon, irgendeinmal «woanders» zu sein.
Filme mit Freddy Quinn, Elvis Presley, Bud Spencer und Terence Hill usw., erweckten in mir das Verlangen, mehr zu erleben und mehr zu sein, als im ersten Dorf des Gailtales für den Rest meines Lebens dahinzuvegetieren. Ich wollte, seit ich mich erinnern kann, mehr. Mehr sein, mehr erleben und vor allem auch mehr sehen, als es mir im Süden Österreichs, eingekesselt zwischen den Karawanken Gebirgszügen und der Villacher Alpe möglich war.
Mein Werdegang
Nachdem ich durch die Schule gequetscht wurde (seit Maria Theresia ist ja Schulpflicht in Österreich) fand ich am Ende der Pflichtschule lernen doch interessant1 und wollte weiter zur Schule gehen. Das passte allerdings nicht so ganz in Vaters Konzept: «Solong du die Fias unter mein› Tisch tuast und aus meina Schisl frisst gehst du oabeitn. Du host schon long genuag gratis aus meina Schisl gfressn.» (zu Deutsch: «Solange du Zuhause lebst und isst wirst du Arbeiten gehen und jeden Monat einen finanziellen Beitrag zu Hause abliefern.») Also habe ich dann mit 14 Jahren angefangen zu arbeiten und seit dieser Zeit mein Leben komplett selbst finanziert. Verstanden hatte ich nur nicht warum meine Eltern mich gezeugt hatten, da sie sich ja nie um mich kümmern wollten – aber das ist eine andere Geschichte.
Mein erster Beruf
Also lernte ich Tischler, was ich auch sehr interessant fand und mir Spaß machte. Was mir allerdings wirklich große innerliche Probleme bereitete war, dass ich, und das bereits auch als Lehrling, ein vielfaches höhere Umsätze machte als meine Kollegen aber ich trotzdem am wenigsten verdiente. Das Passte mit dem, was wir in der Berufsschule in Wirtschaftliches Rechnen lernten, nicht zusammen. Aber als Tischler in Kärnten verdiente man halt traditionell nicht nach Leistung sondern nach dem Grau der Haare.2
Der Einstieg ins Leben
Die Wende (obwohl da gibt es eigentlich viele, aber das war wohl «Der Wendepunkt») in meinem Leben kam, als ein Tischlerkollege (den ich bis heute zutiefst dankbar bin dafür) mir erzählte, dass er gekündigt hat und wieder als Surf- und Segellehrer arbeiten geht. Ich hatte zuvor noch nie ein Surfbrett oder Segelboot aus der Nähe gesehen und lauschte fasziniert seinen Ausführungen bei einer Pizza nach der Arbeit in Feld am See. Wehmütig sagte ich irgendwann: „Das würde ich auch gerne einmal machen. Surfen, das muss ein erhabenes Gefühl sein.“3 Aber mein Kollege Robert erwiderte frisch und lustig darauf: «Dann mach doch die Surf- und Segellehrer Prüfung!»
Ich dachte zuerst: «Der hat sie nicht mehr alle! Ich kann noch nicht einmal Surfen oder Segeln. Und dann Leute unterrichten?! Das kann ich schon gar nicht.» Doch Robert redete auf mich ein und begeisterte und motivierte mich, dass ich tatsächlich den Glauben oder die Hoffnung entwickelte, ich könnte das schaffen.
Noch am gleichen Abend meldete ich mich zur Segellehrerausbildung an und kündigte am nächsten Tag fristlos, da die Ausbildung bereits zwei Tage später begann.
Mein ehemaliges soziales Umfeld
Gottseidank hatte ich zu dieser Zeit gute Freunde die mich mental unterstützten mit Aussagen wie: «Du bist jetzt völlig durchgedreht! Du spinnst! Du bist komplett irre! Das schaffst du sowieso nie! In zwei Wochen stehst eh wieder in der Tischlerei, ….»
Und genau die Angst hatte ich auch: In zwei Wochen wieder aufzugeben und zurück, ins extrem beschissene, aber bekannte, Scheißleben.4
Doch das passierte gottseidank nie! Ich war zwar am Anfang der Dümmste aber nach zwei Wochen hatte ich sie alle in der Tasche.
Und so begann meine Karriere als Surf- und Segellehrer.
Das Leben machte mir auf einmal Spaß, und zwar gewaltigen Spaß. Spaß der mir vorher völlig unbekannt war. Selbst wenn ich vollbesoffen um 5 Uhr früh aus der Disco nach Hause kam, bin ich um 6 Uhr aus dem Bett gesprungen weil ich den Tag nicht mehr erwarten konnte. Auf dem Weg zur Arbeit hatte ich oft zu lachen begonnen, einfach so, ohne Grund, und hatte dabei oft Angst, dass ich nicht mehr aufhören könnte zu lachen.
Komischerweise haben mich alle meine Freunde und Bekannten dann als Aussteiger bezeichnet. Dabei bin ich damals erst ins Leben eingestiegen – draußen war ich vorher!
Die weiteren Steps
Die meisten meiner Segelschüler waren gut situiert und gebildet. Ich fand es irrsinnig interessant mich mit Leuten zu unterhalten die eine gute Allgemeinbildung hatten. Das war einfach toll für mich. Das rief auch wieder das Gefühl in mir wach, das ich schon gegen Ende der Pflichtschulzeit hatte. Also, da ich sowieso eher Wirtschaftlich interessiert war5, meldete ich mich zur Handelsakademie an. Und was ich da fürs Leben lernte, ist für mich noch heute von unschätzbarem Wert.
Der Wendepunkt zu meinem neuen Leben
In der Handelsakademie lernte ich dann ein Mädchen kennen, das darauf bestand, dass ich mit dem Segel-, Surf- und Schilerhrern aufhöre. Silvia war sehr eifersüchtig – krankhaft eifersüchtig. Und ich war auch noch dumm genug, das zu tun und habe auf ihren Vorschlag hin als Vertreter angefangen. Ab da habe ich dann mein Geld, in den nächsten Jahren, prinzipiell als Verkäufer verdient. Allerdings wusste ich vorher nicht, mit welchen Gaunern und Verbrechern es man im Vertrieb zu tun hat. Bei vielen ist bereits das «Guten Morgen» schon gelogen.
Fasziniert hat mich aber dabei immer, dass genau die schwarzen Schafe den meisten Erfolg hatten.
Letztendlich fand ich dann darin meine größte Faszination: Die Psychologie des Menschen!
Mir fiel dabei auf, dass auch die „Schwarzen Schafe“ eigentlich kaum wussten, warum sie erfolgreich waren. Sie dachten zwar, dass sie es wüssten, aber zu über 90% lagen sie falsch. Denn prinzipiell sind Starverkäufer in der nächsten Firma Eintagsfliegen. Die Erfolgspsychologie hat mich so fasziniert, dass dies mein Thema wurde. Ich habe ähnlich wie Robert B. Cialdini in diversen Firmen und Vertrieben die Psychologie des Verkaufens direkt in der Praxis studiert.
2002 gründete ich dann meine eigene Firma im Bereich Consulting und Unternehmerberatung mit der Ausrichtung auf Persönlichkeitsentwicklung und Erfolgspsychologie.
Der Tiefpunkt im meinem Leben
Was mir jedoch, trotz allen Erfolges, verwehrt blieb, war eine erfüllte Beziehung. Diese dachte ich dann 2007 endlich gefunden zu haben. Doch rückblickend war es leider nicht so. Mit Sylvana habe ich zwei Kinder gezeugt und war für kurze Zeit der glücklichste Mensch der Welt. Doch leider nur kurze Zeit.
Das schwärzeste Kapitel in meinem Leben
Leider war die Beziehung zur Mutter meiner Kinder von einer tiefen Schwärze und unvorstellbaren Kälte und «Amorphität» und es gelang mir nicht, Licht, Wärme oder Gestalt in unsere Beziehung zu bringen. Was auch unmöglich war und ist, aber damals hatte ich diese Einsicht noch nicht und ich war dann irgendwann mit meinem «Latein» am Ende.
Ich habe mich den größten Albtraum meines Lebens lebend hilflos und ohnmächtig widergefunden (und ja, da ist Absichtlich nur ein kurzes i geschrieben).
Versteh› mich bitte Richtig:
Ich hatte und habe bis heute, es noch nie in irgendeiner Form bereut, die Mutter meiner Kinder kennengelernt zu haben und dass ich eine Beziehung mit ihr eingegangen bin und dass wir unsere Kinder gezeugt haben. Und in keiner Form habe ich je bereut meine Kinder zu haben.
Helmut Rossmann
Ich habe mir nie gedacht, dass es besser sein würde oder könnte, keine Kinder zu haben. Wenn du ähnlich bist wie ich, dann kannst du das nicht nachvollziehen. Denn ich könnte es nicht wenn es nicht meine eigene Erfahrung wäre. Ohne diese Erfahrung würde ich nicht glauben, dass dies möglich ist.
Nachdem ich irgendwann einmal realisiert hatte, dass ich in Hilflosigkeit und Ohnmacht nichts positives zum Leben irgendeines Menschen in meiner Nähe beitragen kann, sondern im Gegenteil, nur Leid verursache, welches ohne mich nicht da wäre, und ich vor allem auch ohnmächtig meiner Ohnmacht und Hilflosigkeit gegenüberstand und wusste, dass ich da, unter den Umständen in denen ich war, niemals herauskommen würde, wüsste ich, die einzige Möglichkeit so wenig wie möglich Leid in meinen Kindern zu verursachen ist, wenn ich freiwillig in die Hölle gehe.
Wie ich oben geschrieben habe, lebte ich den schlimmsten Albtraum meines Lebens, und du könntest jetzt denken: «Die Hölle kann ja nicht schlimmer sein.» Im Albtraum ist alles dunkel und schwarz, doch das was du am meisten liebst ist trotzdem da: «Meine Kinder». Die Hölle ist im Grunde genau gleich, aber der Inhalt der dein Leben ausmacht, die Frucht die aus Liebe gezeugt und geboren wurde, dein Ich als Leben weitergegeben, fehlt.
Also sagte ich mir: Ich muss weg!!!
Am 18. Oktober 2010 bin ich dann in ein Flugzeug gestiegen und den Rest liest du hier in diesem Blog …
Helmut Rossmann1 Das lag daran, dass mein Onkel, der studiert und einen guten Job hatte, viel glücklicher und mit mehr Lebensenergie ausgestattet schien, als meine Eltern, die keinerlei Ausbildung hatten.
2 Das kann ich heute mittlerweile nachvollziehen – Was Menschen glauben zu sein oder zu tun hat nichts mit dem zu tun wie sie in der Realität wirklich sind oder oder tun.
3 In meinem Modell der Welt, war Aufgrund meiner Erziehung, Segeln und Surfen so weit weg von mir, wie das Leben von Elvis Presley.
4 Ich habe meine Angst zu verlieren nie verdrängt. Ich habe ihr immer in die Augen gesehen und gesagt: Vielleicht bist du stärker. Vielleicht verliere ich. Aber du bist auf keinen Fall so stark, dass ich das Spiel des Lebens verlasse und passiv als Zuseher teilnehme der alles besser weiß aber nicht aktiv ist.
5 Wen wundert’s wenn man aufwächst und stets der ärmste ist in der Schule und Privat?!
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